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Bereits erschienen:

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Mehr zu Meja Meergrün und ihrer fantastischen Welt findest du auf: www.meja-meergrün.de.

eISBN 978-3-649-63647-2
© 2020 Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG,
Hafenweg 30, 48155 Münster
Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise
Text: Erik O. Lindström
Dieses Werk wurde vermittelt durch die literarische Agentur
Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover
Illustrationen: Wiebke Rauers
Lektorat: Jutta Knollmann
Satz: Helene Hillebrand

www.coppenrath.de

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Inhalt

EIN GRUB AUS DER SÜDLICHEN SEE

DIE ORCHIDELIA IN DER MUSCHELKISTE

DAS ABENTEUER BEGINNT

IM REICH DER NIXE TALUHA

KAIPO UND DIE SCHILDKRÖTENBABYS

WILLKOMMEN IM ANANASHAUS

SCHWABBELSCHWAPP

DREI ALTE BEKANNTE

EINE IDEE MUSS HER

FLINKE FÄDELFISCHE

STURM ÜBER DEM GELBEN KORALLENRIFF

ALLE GEMEINSAM!

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Tief unter den grauen Schären und grünen Holmen nahe der Menschenstadt Birkenholm liegt Lyckhav, das Reich der Meeresbewohner. Und auch wenn das Wasser für uns Menschen dort dunkel aussieht, schimmert es unter der Oberfläche in Wahrheit in den schönsten Regenbogenfarben. Genau hier ist Meja Meergrün, das vorwitzige Meermädchen, zu Hause. Aber das ist dir sicher längst bekannt.

Komm, lass uns nachsehen, ob Meja gerade mal wieder Quatsch macht mit ihren besten Freunden: der Kegelrobbe Bollarbi, dem Delfin Caspar und ihrem magischen Seestern Lille. Du weißt ja, dass Meja nur zu gern die Schule schwänzt und durch die Gegend wirbelt. Vielleicht futtert sie auch am Kiosk von Kugelfisch Brillo ein paar ihrer Lieblings-Tangburger. Schleichen wir uns also ganz vorsichtig heran an das Haus mit der meergrünen Glocke, in dem Meja wohnt, und … oh, Meja ist ja gar nicht da! Auch ihre Kümmerkröte Padson fehlt … und nirgendwo eine Spur von Bollarbi und Caspar. Ob sie wohl gemeinsam etwas unternehmen? Aber was sehe ich denn da? Dort hinten im tiefen Meer! Was ist das für ein seltsames Gefährt, das von Kimi Sauseflitz, dem Delfin, gezogen wird? Sitzen die Freunde etwa darin? Also das kann doch wirklich nicht sein, das … nein, das ist einfach unglaublich! Ob das etwas mit der Flaschenpost heute Morgen zu tun hat?

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Komm, lass uns ganz schnell noch einmal die Zeit zurückdrehen. Keine Sorge, unter Wasser ist das ganz leicht möglich! Denn du musst unbedingt erfahren, was am Morgen passiert ist, also lies schnell weiter … und schon geht es los in Mejas neues Unterwasserabenteuer! Ahoi und schwipp-schwapp!

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„Meja, mein kleines, stürmisches Meermädchen!“ Padson seufzte, nahm die quietschgelbe Brille ab, putzte sie energisch und warf einen Blick zu Meja. Die kleine Nixe hing am Kronleuchter über dem Esstisch und baumelte gefährlich wild hin und her. „Nej, nej, Mejakind, ich weiß ja, dass du traurig bist, weil deine Eltern urplötzlich zu einem Forscherkongress aufbrechen mussten. Aber so ist das nun mal bei Forschern.“

„Was sagst du, Padson? Traurig? Ich?!“ Meja kicherte, vollführte eine gewagte Zwirbelschraubdrehung, die sie von ihrer Seepferdchenfreundin Molly gelernt hatte, und landete … Rrrrrummsss! … genau neben ihrer Kümmerkröte.

„Stimmt schon, Padson. Klar finde ich es blöd, wenn Mama und Papa mich wieder allein lassen. Aber … ich habe ja dich! Und Mama hat mir extra aufgetragen, sehr, sehr, sehr fröhlich zu sein. Also!“ Meja strahlte Padson gut gelaunt an. „Siehst du? Ich mache genau das, was sie mir gesagt hat. Möglichst viel Meermädchenquatsch. Und jetzt …“ – Mejas Magen knurrte laut – „… jetzt sause ich zu Brillo und futtere einen dicken Tangburger. Ahoi und schwipp-schwapp!“ Damit wirbelte sie zur Tür hinaus. Nebenbei pflückte sie noch Lille, ihren magischen Seestern, von der Decke und hängte ihn an die Kette, die sie stets um ihren Hals trug.

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Wosch! Peng!

Tür auf, Tür zu, weg war Meja.

Im nächsten Moment war es mucksmuschelstill im Haus mit der meergrünen Glocke auf dem Dach. Padson paddelte vor die Tür und starrte der kleinen Nixe mit großen Augen hinterher.

„Meja, mein Kümmerkind“, rief er verdattert, „aber … aber was ist denn mit deinem Frühstück? Ich habe Korallentee gekocht. Und es gibt feines Algenmüsli. Hörst du mich, Meja? Und die Schule? Was ist mit der Schule? Du sollst doch endlich ein wohlerzogenes Meermädchen werden. Frau Bläck wartet auf dich. Ich habe ihr fest versprochen, dass du heute …“ Doch das kleine Meermädchen war längst verschwunden und hörte Padson gar nicht mehr.

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Stattdessen genoss Meja es, so früh am Morgen durch ihre Unterwasserwelt zu sausen. Ein paar erste schwache Sonnenstrahlen drangen bis auf den Meeresgrund. Dazu leuchteten die vielen Laternenfische und Leuchtquallen und tauchten Lyckhav in ein warmes Licht. Die Meernixe sauste an den Häusern der Stadt vorbei, die mit Algen und Meereslilien bewachsen waren. Sie winkte einer Horde Seepferdchen und einigen blauen Rochen zu, die es nur in dieser Gegend gab.

Wie schön das Leben doch ist, dachte Meja glücklich und fing lauthals zu singen an:

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„Heute will ich Unsinn machen,

das gehört dazu,

Fische ärgern, tanzen, lachen,

ich geb niemals Ruh.

Komm mit mir und sei dabei,

hör auf mit der Heulerei!

Schwipp-schwapp,

hier kommt Meja –

ahoi und hoppla!“

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An der Muschelkiste, der Unterwasserschule, in der Meja heute eigentlich von ihrer Lehrerin Frau Bläck erwartet wurde, machte sie kurz halt und linste durchs Fenster.

„Fette Flunder, wie laaaaangweilig“, wisperte Meja ihrem Seestern Lille zu. „Die anderen Meermädchen müssen schon wieder Perlen auffädeln und Topflappen aus Seegras häkeln. Uaargh, schnell weg hier!“

„Genau, schnell weg!“, piepste Lille, der kleine Seestern.

Im Nu flitzte Meja am Fischmarkt mit seinen bunten Ständen vorbei und rief den Marktleuten zu: „Heja, hier kommt Meja, die überhaupt nicht traurige, sondern sehr lustige und berühmteste zukünftige Unterwasserforscherin von hier bis … bis …“

In diesem Moment waberte der wunderbare Duft von frischen Tangburgern in ihre Nase. Brillos Tangburgern. Heute waren sie besonders dick belegt. Meja lief das Wasser im Mund zusammen. Ein Besuch bei Brillo war beinahe so schön wie eine aufregende Reise.

Kurz vor dem Riff, dort, wo sich die Seeanemonenfelder ausbreiteten, stand Brillos Kiosk. Hier verkaufte der große gelbe Kugelfisch seine köstlichen Schlammkekse und die berühmtesten Burger im ganzen weiten Ozean.

„Ahoi, Brillo!“, rief Meja ihm zu und wartete auf die immer gleiche Begrüßung ihres Freundes.

„Ahoi, Meja“, gab Brillo zurück und schob ihr sofort einen Burger über die Theke. „Hunger, kleines Meermädchen?“

Meja strahlte. „Und wie!“ Sie biss kräftig hinein. „Läcka!“

„Gut, dass du da bist, Meja Meergrün. Hier hab ich nämlich was für dich.“ Der kugelrunde Kioskbesitzer schob Meja eine Flaschenpost zu, aus der ein buntes Leuchten drang. „Hat Kimi Sauseflitz gerade hier abgegeben.“

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„Füa misch?“, nuschelte Meja mit vollem Mund.

Brillo nickte. „Soll ich dir in die Hand drücken, wenn du den nächsten Burger bei mir futterst. Also … jetzt!“

Überrascht nahm Meja ihm die Flaschenpost ab und drehte sie hin und her. Was da wohl drin war? Und von wem? Normalerweise bekam sie solche Nachrichten immer nur von ihren Eltern, aber die waren doch gerade erst abgereist. Hmm, wie sonderbar …

„Nun mach schon auf“, drängte Brillo. „Ich bin neugierig. Ach so … und dann soll ich noch von Kimi ausrichten, dass er dich hinbringen kann, wenn du willst. Keine Ahnung, was er damit gemeint hat.“

Mejas Hände zitterten vor Aufregung, als sie den Korken aus der Flasche löste. Sie liebte es, wenn die flinken Fische herausschlüpften, ein Wasserballett tanzten und sich erst zu Buchstaben, dann zu Wörtern formten: das Fisch-Abc. Nur das Lesen der Botschaften, das überließ Meja dann lieber anderen.

Doch diesmal schlüpften keine Fische aus der Flasche, sondern eine schimmernde Blumenkette trudelte heraus. Meja staunte. Hier in Lyckhav hatte sie solche Blüten noch nie gesehen. Die leuchteten ja in den schönsten Farben!

„Die Fische“, schnaubte Brillo aufgeregt, „jetzt kommt die Botschaft. Lies vor, Meja, schnell!“

„Äh … äh, ich hab da auf einmal was im Auge.“ Meja fummelte an ihrem Lid herum. „Lies du, Brillo!“

„Aloha, Meja Meergrün“, las der Kugelfisch.

„Dies ist ein Gruß von Taluha. Ich bin ein Meermädchen wie du und ich lebe in der Südlichen See.

Kannst du mich bitte besuchen kommen? Ich brauche deine Hilfe, und zwar schnell! Komm bald! Am besten sofort!!! – ‚Sofort‘ mit drei Ausrufezeichen“, ergänzte Brillo gewissenhaft.

„Ein Gruß aus der Südlichen See“, wiederholte Lille und wackelte an Mejas Hals auf und ab. „Da wollte ich schon immer mal hin. Muss wunderherrlich sein.“

„Und Taluha braucht unsere Hilfe …“, murmelte Meja.

Brillo zwinkerte Meja zu. Sein gewaltiger Stachelbauch blähte sich. „Wann wirst du mit Kimi losdüsen? Nimmst du Padson mit? Und Bollarbi und Caspar? Sag schon, Meja.“

Das kleine Meermädchen runzelte die Stirn. Eine Reise in die Südliche See? Mit Kimi Sauseflitz, dem Delfin-Transportservice? Gerade jetzt, wo ihre Eltern nicht da waren?

Hmmm … Meja schloss die Augen, während sie sich die hübsche, duftende Blumenkette um den Hals legte.

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Schon erschien ein Bild in ihrem Kopf. Das Bild eines kleinen Meermädchens mit dunklen Haaren, das die gleiche Blumenkette trug und ihr aufgeregt zuwinkte. Das musste Taluha sein, das spürte Meja sofort. Aber – oje! Ihr Gesicht sah betrübt aus, sorgenvoll, ein bisschen ängstlich. Genau wie jemand, der dringend Hilfe brauchte. Meja seufzte tief. Dann gab sie sich einen Ruck.

Schwipp-schwapp, am besten, ich erzähle erst mal Padson davon, beschloss sie.

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Padson war zunächst nicht bereit, seinen gemütlichen Sessel im Haus mit der meergrünen Glocke gegen einen Sitz in Kimis neuestem Sauseflitz-Anhänger zur Südlichen See einzutauschen. Aber als Bollarbi und Caspar auftauchten und sofort mitkommen wollten, ließ sich auch die Kümmerkröte überzeugen. Allerdings nur unter einer Bedingung: Während Padson für die Reise packte, musste Meja zur Muschelkiste in den Schulunterricht. Kimi Sauseflitz konnte sowieso erst am Nachmittag starten.

Also paddelte Meja erst einmal zähneknirschend und mit gaaaaaanz laaaangsamen Kraulbewegungen Richtung Schule. Schon von Weitem hörte sie die anderen Meermädchen singen:

„Perlen im Haar und ein Kleidchen sehr rein,

so soll das artige Meermädchen sein.

Backen und Kochen, das lieben wir sehr.

Topflappenhäkeln sogar noch viel mehr.

Die wahre Nixe ist stets brav,

so ist sie Prinzessin von Lyckhav.“

„Was für ein dämliches Lied“, vernahm Meja eine Stimme durchs offene Fenster der Muschelkiste. „Wenn ich das auch nur noch einmal singen muss, werde ich grün wie Algenmus.“

Vorsichtig sah Meja nach, wer das gesagt hatte. Erstaunlich! Es war die sommersprossige Pernilla. Die hatte Meja immer für besonders lieb und folgsam gehalten.