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eISBN 978-3-649-62916-0
© 2018 Coppenrath Verlag GmbH & Co. KG,
Hafenweg 30, 48155 Münster
Alle Rechte vorbehalten, auch auszugsweise
Text: Antje Szillat
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur
Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen
Umschlagfoto: Anna Neumann
Umschlagmotiv: Unter Verwendung von Motiven
von Shutterstock, © Chiociolla, 293831192
Innenseiten: Rustic wood planks: fotolia, © John Smith, 121864672;
Pins: fotolia, © realstockvector, 97681217,
Polaroid-Bilder und Papier: © Kathrin Schüler
Satz: Sabine Conrad, Bad Nauheim

www.coppenrath.de

Antje Szillat

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Ein Freund
fürs Leben

Mit einem Vorwort von
Nicole Uphoff

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Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Warum mir die Nachwuchsförderung so wichtig ist

Die Nachwuchsförderung war schon immer ein ganz großes Anliegen von mir, denn gerade beim Reiten finde ich es wichtig, bei den jungen Nachwuchssportlern die richtige Einstellung zu ihrem Sport und ihrem Sportpartner zu fördern. Hier geht es ja nicht nur um Technik, sondern auch darum, sich in das Pferd hineinversetzen zu können, Geduld zu haben, im Kopf flexibel zu bleiben. Man muss sich auch mal Umwege ausdenken können, um weiterzukommen bei einem Problem. Schließlich handelt es sich bei einem Pferd um ein denkendes und fühlendes Lebewesen und kein „Sportgerät“. In den Lehrgängen, die ich anbiete, vermittle ich also immer auch meine ganz persönliche Philosophie des Dressurreitens. Und obwohl es immer heißt, U 16 ist ein schwieriges Alter, habe ich persönlich nur gute Erfahrungen mit dieser Altersklasse gemacht.

Was ich anbiete

Dank meines engagierten Sponsors, der mit sehr viel Spaß dabei ist, kann ich derzeit drei Verbände unterstützen: Rheinland, Westfalen und Niedersachsen. In allen drei Verbänden gibt es Qualifikationsturniere. Die ersten drei bis fünf Reiter werden jeweils zu den Sichtungslehrgängen des Verbandes eingeladen. In Westfalen gebe ich diesen Lehrgang selber, in den anderen Bundesländern bin ich Zuschauer, so z. B. in Verden in Niedersachsen, wo Tessa reitet.

Worauf ich bei den Lehrgängen achte

Ich achte sehr stark darauf, wie die Kinder persönlich auf mich wirken, ob die Chemie zwischen uns stimmt. Wie können sie Kritik annehmen, wie setzen sie Hilfestellungen und Korrekturen um? Darüber hinaus ist es wichtig, dass das Pferd nicht zu alt ist und möglichst nur bis Klasse L ausgebildet – denn unser Ziel ist es ja, dem Paar beim Sprung von L nach M zu helfen. Natürlich muss das Pferd auch Potenzial haben, ich muss erkennen können, dass es in der Lage sein wird, Seitwärtsgänge und Fliegende Wechsel machen zu können.

Und so funktioniert es

Nach den Sichtungslehrgängen nominiere ich meine Favoriten und gebe das nach den Landesturnieren bekannt. Ich nehme alle, die meine Kriterien erfüllen, in der Regel zwischen 2 und 5 im Jahr. Die Teilnehmer meines Teams bekommen mindestens einmal im Monat Unterricht, gelegentlich auch öfter, und bleiben ein Jahr bei mir. Manche Paare nehme ich auch mit ins zweite Jahr, wenn genug Platz ist, dann mit dem Ziel, sie bis Klasse S zu begleiten.

Aber bei allem Ehrgeiz ist mein oberster Grundsatz immer: Weder Pferd noch Reiter überfordern – beide sollen gesund bleiben!

Eure

Nicole Uphoff

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Das schrille Piepen meines Weckers war ein schreckliches Geräusch, das einfach nicht enden wollte. Und je mehr ich versuchte, es zu ignorieren, desto grässlicher wurde der Ton. Da half es nicht, dass ich mir die Finger in die Ohren steckte und mich unters Kopfkissen wühlte. Also schlug ich stöhnend die Bettdecke zur Seite, um dem fiesen Alarm ein Ende zu bereiten. Doch in der Sekunde, als meine Zehenspitzen das Parkett berührten, erstarb das nervige Schrillen.

Ich war gerade aus dem Tiefschlaf gerissen worden. Auf brutalste Art und Weise. Und das völlig grundlos, schließlich war heute Samstag, ich hatte keine Schule und auch sonst nichts vor. Es gab also absolut keinen Grund für mich aufzustehen und erst recht nicht um fünf Uhr! Schönen Dank auch dafür!

Murrend wollte ich zurück unter meine warme und kuschelige Decke kriechen, da flog meine Zimmertür auf und der Kopf meiner Mutter erschien. Sie strahlte mit dem grellen Deckenlicht, das sie gleichzeitig angeknipst hatte, um die Wette und rief fröhlich: »Hopp, hopp, du lahme Schnecke, raus aus den Federn!«

Ich konnte sie nur kopfschüttelnd anstarren und schlaftrunken jammern: »Mama, was soll das denn? Es ist mitten in der Nacht und …« Ich verstummte, als ich endlich kapierte, dass es sehr wohl einen Grund zum Aufstehen gab, und sprang wie von einer Tarantel gestochen aus dem Bett. »Auweia, heute ist ja das Training in Verden und die Sichtung für das Bundesnachwuchschampionat. Ich werde verrückt, wie konnte ich das nur vergessen. Hiiilfe!«

Meine Mutter lachte. »Na ja, wenn man am Abend vorher ungefähr zehn Mal die Mähne seines Pferdes neu einflicht, weil man der Meinung ist, dass es auf jeden Fall noch besser geht, und noch bis weit nach Mitternacht mit der Freundin telefoniert, tja, Tessa, dann kann man das schon mal vergessen!«

Ich sprintete an meiner Mutter vorbei ins Badezimmer. »Ja, ja, mach dich ruhig lustig«, krächzte ich und knallte die Tür hinter mir zu. In Rekordzeit erledigte ich meine Morgentoilette und stürmte auch schon wieder zurück in mein Zimmer.

Meine Reitsachen hingen frisch gewaschen über der Stuhllehne, auf dem Schreibtisch davor lag mein Haarband. In der Einladung hatte gestanden, dass ein Turnieroutfit, aber kein Jackett gewünscht sei. Meine Mutter hatte deshalb extra noch einen schwarzen dünnen Pullunder besorgt, den ich statt des Jacketts über dem weißen Turniershirt tragen sollte.

Schwarz-weiß, genauso wie meine Hannoveraner Rappstute Ronja, die vier Mal weiße Fesseln und eine große Laternenblesse hatte. Das schönste und talentierteste Pferd der Welt, fand ich. Ach was, des Universums!

Meine Reitstiefel standen auf Hochglanz geputzt und poliert daneben. Doch anziehen wollte ich sie jetzt noch nicht. Erst, wenn wir in Verden angekommen waren und ich aufs Pferd stieg. Bis dahin schlüpfte ich lieber in meine Turnschuhe, damit die Stiefel auch so sauber blieben, wie sie jetzt waren.

»Tessa, nun fahr mal einen Gang runter«, meinte meine Mutter, als ich kurz darauf die Treppe hinunterhechtete und in die Küche stürmte. »Du bist ja schon knallrot im Gesicht.«

»Aber …«

Meine Mutter ließ mich nicht ausreden. »Nichts aber, wir haben noch massig Zeit. Also setz dich an den Tisch und beruhige dich erst einmal wieder ein bisschen. Und danach frühstückst du ordentlich.«

Ich winkte ab. »Niemals, Mama, ich krieg nichts runter. Garantiert nicht.«

Und so war es auch. Mein Magen fühlte sich wie ein einziger schmerzlicher Knoten an. Kein Wunder! Schließlich würden Ronja und ich heute nach Verden fahren, wo für das Finale des Nicole-Uphoff-Fördercups trainiert wurde und gleichzeitig die Sichtung für das Bundesnachwuchschampionat stattfand.

Da Ronja und ich uns für das Finale des Cups qualifiziert hatten, waren wir automatisch mit 14 anderen Reitern und ihren Pferden nach Verden zu dieser Sichtung eingeladen worden – und das war einfach nur unfassbar genial. Und gleichzeitig so schrecklich aufregend, dass ich seit Tagen völlig neben der Spur war.

Vorgestern im Abschlusstraining bei meinem Reitlehrer Herrn Bender war ich so nervös gewesen, dass sich meine Anspannung auf Ronja übertragen hatte.

»So wird das nichts, Tessa«, hatte Herr Bender kopfschüttelnd gesagt und mir anschließend aufgetragen, dass ich statt des Trainings lieber einen Ausritt mit Ronja machen sollte.

Doch selbst der sanfte, warme Wind und die weite, saftig grüne Wiese, über die ich mit Ronja am langen Zügel galoppierte, konnten nichts daran ändern, dass ich so nervös und hibbelig wie nie zuvor in meinem Leben war.

Ronja und ich würden in Verden reiten. In der Niedersachsenhalle. Unter den Augen des Landestrainers für Junge Reiter und Junioren. Mit der Chance, am Bundesnachwuchschampionat in Warendorf teilnehmen zu können.

Es war einfach alles nur unfassbar genial.

Das fanden übrigens auch meine Freundinnen Anni und Kathi. Anni als echtes Pferdemädchen und mit einem wirklich tollen Pflegepferd noch ein bisschen mehr als Kathi, die Pferde zwar liebte, aber selbst niemals auf eines steigen wollte.

Pflegen, putzen, kuscheln und lieb haben ja, aber reiten, never ever, sagte sie immer.

Ein paar Mal hatte ich versucht, sie auf mein Pony Carlos zu setzen. Mein süßes Pony war nach einer schweren Verletzung nur noch bedingt reitbar. Ein bisschen im Schritt und am langen Zügel ins Gelände, mehr durfte und wollte ich ihm nicht zumuten.

Doch selbst zu einem geführten Schrittausritt auf Carlos hatte ich Kathi nicht überreden können und letztendlich eingesehen, dass sie einfach nicht reiten wollte. Dennoch war sie fast jeden Tag auf dem Wichmannshof anzutreffen und verbrachte genauso viel Zeit dort wie Anni und ich.

Sie war auch diejenige, mit der ich bis kurz nach Mitternacht telefoniert hatte. Anni würde meine Mutter, Ronja und mich heute nach Verden begleiten. Kathi wäre auch zu gerne mitgekommen, aber leider konnte sie nicht. Irgendeine Familienfeier, bei der sie unbedingt dabei sein musste.

Also hatte sie mir am Telefon Mut zugesprochen. So viel und so intensiv, verbunden mit einigen ihrer typischen, leicht esoterischen Kathi-Weisheiten, dass ich jetzt eigentlich tiefenentspannt sein müsste.

Okay, heute Nacht, nach dem Telefonat, war ich das auch gewesen. Doch jetzt, verflixt, jetzt war all ihr gutes Zureden vergessen und ich das reinste Nervenbündel.

»Tessa, heute ist nur das Training. Ronja und du, ihr sollt euch an die große Halle gewöhnen und der Trainer möchte euch kennenlernen. Es gibt also noch gar keinen Grund dafür, so neben der Spur zu sein, wie du es gerade bist«, fand meine Mutter. »Trink wenigstens etwas Tee.«

Ich nippte artig an meiner Tasse und schaffte es sogar, meine Mutter über den Tassenrand hinweg ein kleines bisschen anzulächeln.

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Einige Zeit später sank ich neben meiner Mutter auf den Beifahrersitz. Doch sie startete den Motor nicht sofort, sondern wandte sich mir zu und legte mir beide Hände auf die Schultern, sodass ich ihr direkt ins Gesicht blicken musste.

»Tessa, ich weiß, all das ist schrecklich aufregend für dich. Wenn mir damals einer gesagt hätte, dass es uns, na ja, in erster Linie natürlich dir mit Herrn Benders Unterstützung, gelänge, eines Tages aus diesem verängstigten und misstrauischen Tier so ein Traumpferd zu machen, ich hätte nur lauthals losgelacht. Doch das völlig verstörte Pferd, das wir damals auf dem Paddock entdeckt und gekauft haben, das gibt es heute nicht mehr. Ronja ist einfach nur ein Geschenk. Ein Pferd, das seiner jungen Reiterin so zugewandt ist, ihr so sehr vertraut, dass es schon rührend ist. Und deshalb, mein Schatz, bitte ich dich, es einfach nur zu genießen.«

Ich sah sie mit großen Augen an. »Wie meinst du das?«, wisperte ich.

Meine Mutter lächelte. »Ein bisschen Aufregung ist gut und gehört dazu. Doch du siehst vor lauter Panik das Schöne überhaupt nicht mehr. Du musst die Zeit und das ganze Neue einfach versuchen zu genießen. Setz dich und Ronja nicht unter Druck. Selbst wenn es heute im Training und morgen bei der Sichtungs-Prüfung nicht alles so gelingt, wie du es dir erhofft hast. Ronja und du, ihr habt noch so viel Zeit. Dass ihr jetzt schon an so einer Sichtung teilnehmen könnt, ist eh ein Wunder. Und es ist noch lange nicht das Ende, falls es dann doch nicht so glücken sollte.« Meine Mutter lächelte lieb, während sie mir mit der rechten Hand ganz sanft über die Wange strich. »Genieß es, Tessa, versuch einfach, jeden Moment zu genießen. Das ist es, was ich mir für dich wünsche. Und natürlich auch für Ronja. Keinen Stress, keinen Druck, einfach nur glücklich sein, dass ihr dabei sein könnt.«

Ich musste schwer schlucken, bevor ich mit kaum hörbarer Stimme antwortete: »Ja, Mama, das werde ich tun …«

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»Geht’s jetzt los?«, fragte Sabrina, als Anni und ich die Anhängerklappe hochklappten und verriegelten.

»Ja, ich reite in der zweiten Gruppe und die beginnt um zehn Uhr«, antwortete ich.

Sabrina machte große Augen. »Klingt ja irre spannend. Dann drücke ich euch auf jeden Fall die Daumen.« Sie lächelte. »Ronja und du, ihr werdet die Niedersachsenhalle schon rocken.«

Ich verzog den Mund. »Na ja, mal sehen …«

»Tessa, nun mach nicht so ein Gesicht!«, sagte Sabrina aufmunternd. »Ihr zwei seid richtig gut, und wenn die in Verden das nicht erkennen, dann haben sie Pferdeäppel auf den Augen.«

»So ist es!« Anni legte mir den Arm um die Schulter und grinste breit.

Zum Glück drängte meine Mutter zum Aufbruch, bevor mir noch mehr Leute auf dem Hof sagen konnten, dass sie an Ronja und mich glaubten. Mir war das Ganze inzwischen fast ein wenig peinlich. Denn die Sache mit der Sichtung hatte sich auf dem Hof herumgesprochen und leider freuten sich nicht alle darüber.

Herr Bender hatte neulich mal etwas zu mir gesagt, das mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf ging: Wer Erfolg hat, der hat auch Neider. Und das hatte ich tatsächlich schon ein wenig zu spüren bekommen.

Es war verrückt. Als Carlos sich so schlimm verletzt hatte, da waren alle ganz lieb zu mir gewesen und voller Mitleid. Danach war es eine Weile lang sehr schwierig mit Ronja und ich bekam viele aufbauende Worte zu hören. Tja, und nun hatten wir uns überraschend für das Finale des Nicole-Uphoff-Fördercups qualifiziert und die netten Worte waren schon ein bisschen weniger geworden. Doch seitdem feststand, dass ich mit Ronja zur Sichtung nach Verden fahren durfte, musste ich mich tatsächlich das erste Mal in meinem Leben mit Neid und Missgunst auseinandersetzen. Dabei war ich doch immer noch dieselbe Tessa, die ich vorher gewesen war.

»Zack, zack, ins Auto, Tessa und Anni«, riss meine Mutter mich aus meinen Gedanken. »Ich habe keine Lust, so zu rasen. Auf der A7 ist eine große Baustelle, und wenn wir Pech haben, dann dauert es dort eine Weile.«

Sabrina nahm mich kurz in den Arm und flüsterte: »Ich wünsche dir ein tolles Wochenende und noch mal, ganz, ganz viel Glück, meine Kleine.«

Dann marschierte sie davon mit ihrem wippenden blonden Pferdeschwanz, das gewohnte und mir so vertraute Sabrina-Bild, und ich konnte nur denken: Können nicht alle so sein wie sie?!

Eine gute Stunde später bogen wir links auf das Gelände des Hannoveraner Verbands in Verden ab.

Anni hatte auf der Fahrt so viel geredet, dass ich kaum daran denken konnte, wieder nervös zu werden. Doch als wir nun auf den Parkplatz fuhren, wo schon mehrere andere Gespanne standen, da begann es, in meinem Magen erneut ziemlich zu kribbeln.

Ich kannte die Anlage von einigen Springturnieren, die wir hier als Zuschauer besucht hatten. Im letzten Jahr war ich mit Anni und meiner Mutter zur Verdener Auktion gefahren, die ebenfalls immer in der großen Niedersachsenhalle stattfand. Und nun sollte ich tatsächlich selbst dort reiten dürfen! Mit meiner Ronja – die bestimmt den Schock ihres Lebens bekam, denn die Kulisse war wirklich aufregend.

Meine Mutter parkte den Wagen samt Anhänger mit etwas Abstand neben einem schweren Geländewagen mit hochmodernem dunkelblauem Anhänger und stellte den Motor aus.

»So, meine Lieben, da wären wir!«

»Boah, ich hab richtig Gänsehaut, so aufregend ist das alles hier«, krächzte Anni.

Meine Mutter drehte sich zu ihr um. »Anni, das hier ist ein Parkplatz. Ein ziemlich normaler sogar. Kein Grund zur Aufregung.«

Anni lachte. »Oh doch! Es ist nämlich der Parkplatz direkt neben der Niedersachsenhalle, in der gleich meine allerbeste Tessa reiten wird, während ich auf der Tribüne sitze und vor Stolz fast platze.«

»Anni, du verrückte Nudel«, konnte ich nur kopfschüttelnd zu ihr sagen, bevor ich die Beifahrertür öffnete und ausstieg.

Ich hatte mir fest vorgenommen, mich an das zu halten, was meine Mutter mir geraten hatte: das alles hier einfach nur zu genießen.

Ronja schnaufte leise, als ich die Seitentür des Anhängers öffnete und mich ein wenig zu ihr ins Innere vorbeugte.

»Na, meine Süße, alles klar bei dir? Hast du die Fahrt gut überstanden?«

Ronja fuhr nicht gerne auf dem Anhänger. So viele Dinge hatten sich inzwischen geändert. Meine schöne Rappstute war in den meisten Situationen, die ihr zu Anfang schrecklichen Stress bereitet hatten, mittlerweile ziemlich gelassen. Doch der Pferdeanhänger machte ihr nach wie vor schwer zu schaffen.

So stand sie auch jetzt mit leicht zitternden Flanken da und sah mich mit sehr viel Weiß im Auge an.

»Ich hole dich da jetzt gleich runter, Süße, versprochen«, raunte ich ihr mit warmer Stimme zu und tätschelte sanft ihre weiße Nase, die leicht gerötet war.

Jetzt im Sommer, da die Pferde auf dem Wichmannshof fast den ganzen Tag draußen auf den Weiden verbringen konnten, verbrannte sich Ronja leider immer etwas ihre weiße Nase. Ich hatte es schon mit Sonnencreme versucht, aber das fand Ronja so richtig doof. Sie geriet schon in Panik, wenn sie die Tube bloß sah. An Auftragen war nur mit ganz viel gutem Zureden zu denken, und auch dann schüttelte sie unentwegt den Kopf, um das komische Zeug auf ihrer Nase schnell wieder loszuwerden.

Meine Mutter hatte ihr jetzt eine etwas längere Fliegenmütze gekauft, die auch die Nüstern bedeckte. Doch das Material war natürlich licht- und luftdurchlässig und Ronjas Nase deshalb nach wie vor leicht sonnenverbrannt.

»Anni, kannst du mir mal beim Abladen helfen?«, rief ich meiner Freundin zu. Sie stand neben unserem Auto und sah sich mit großen Augen um. Dabei hielt sie wie ein Hund, der eine Fährte gerochen hatte, die Nase in die Höhe. »Hm … was für ein genialer Pferdeduft …«

Meine Mutter ging an ihr vorbei und lachte. »Anni, ich weiß, ich wiederhole mich, aber du hast einen Knall.« Dann wandte sie sich an mich. »Lass Ronja noch einen Moment auf dem Anhänger. Ich möchte erst rüber zum Stall gehen und mich erkundigen, wo ihre Box ist.«

Ronja sollte von Samstag auf Sonntag eine der Gastboxen im Verdener Gestüt beziehen, damit wir sie nicht zweimal hintereinander hin- und herfahren mussten, hatte meine Mutter beschlossen. Einige der Teilnehmer, die zu dem Training und der anschließenden Sichtung eingeladen waren, handhabten das ganz genauso. Doch selbst wenn es nur zwanzig Kilometer Fahrstrecke gewesen wären, ich hätte auf jeden Fall eine Box für Ronja in Verden haben wollen. Allein, um sagen zu können: Mein Pferd ist in Verden aufgestallt, wow, das war wirklich der Oberknaller.

Schließlich stallten normalerweise nur die erfolgreichen Profis, die es nach Verden, Warendorf oder wohin auch immer verschlug, ihre Pferde irgendwo auf.

»Aber Ronja zittert schon wieder, Mama«, gab ich zu bedenken.

Klar, ich war wahnsinnig gespannt, die Stallungen zu sehen. Aber Ronja noch länger auf dem Anhänger lassen, das wollte ich auch nicht.

»Okay, dann laden wir sie halt ab und du gehst ein bisschen mit ihr da drüben auf der Wiese spazieren. Ich laufe schnell zum Verwalter und erkundige mich, wo Ronjas Box ist.«

Ich nickte. Auch wenn ich so gerne mit ihr gegangen wäre, Ronja musste vom Anhänger runter. Jetzt!

Ich band sie vorne los, während Anni und meine Mutter die Klappe herunterließen.

»Kann ich die Stange aufmachen?«, erkundigte sich Anni.

»Ja, ich habe sie losgebunden«, erwiderte ich.

Kaum dass die Stange nicht mehr gegen Ronjas Hinterteil drückte, schoss sie rückwärts die Klappe hinunter. Ich hatte Mühe, so schnell hinterherzukommen und dabei den Strick nicht aus den Händen zu verlieren.

Aufgeregt pumpend und mit weit aufgeblähten Nüstern stand meine bildschöne Stute da und sah sich um. Als sie am Anhänger neben uns ein anderes Pferd entdeckte, wieherte sie schrill und entspannte sich sofort etwas.

»Siehst du, Süße«, redete ich beruhigend auf sie ein und klopfte dabei sachte ihren leicht verschwitzten schwarz glänzenden Hals, »hier sind auch noch andere Pferde.«